Christian Wehrschütz - für Sie gelesen

Christian Wehrschütz in Aktion

© Wehrschütz

Mein Journalistenleben zwischen Darth Vader und Jungfrau Maria

Der profilierte Journalist und Balkan- sowie Ukraine-Spezialist hat sein bereits viertes Buch geschrieben. Schon im Buchtitel lässt er auf die Breite seiner Themen und Berichterstattung blicken: Bei "Darth Vader" handelt es sich um ein Interview mit dem Spitzenkandidaten der Internet-Partei bei der Parlamentswahl 2015 in der Ukraine; bei "Jungfrau Maria" um eine Reportage über die Marienerscheinungen im Wallfahrtsort Medjugorje in Bosnien-Herzegowina.

Der gebürtige Grazer Wehrschütz berichtet seit über zwei Jahrzehnten als ORF-Korrespondent vom Balkan und aus der Ukraine. In diesem Buch gewährt er außergewöhnliche Einblicke in seinen Alltag abseits der Live-Berichte. Seit 2022 (Beginn des Angriffskriegs auf die Ukraine) gehört er wieder zu den regelmäßigen Besuchern in Österreichs Wohnzimmern. Es ist die Zeit der Hauptabendnachrichten in Fernsehen und Radio, und der/die gebannte Zuseher*in/-hörer*in verfolgt den Bericht des Korrespondenten mit Schutzhelm und Splitterschutzweste und ahnt schon, dass die Aussicht auf Entspannung bzw. Waffenstillstand wieder in weite Ferne gerückt ist. Der aktuelle Krisenherd ist aber nur einer von mehreren Schauplätzen, denen sich Wehrschütz in seinem Buch widmet. Er nimmt die Leser*innen mit auf eine Reise durch die Länder des Balkans. Von etlichen, unserem Gedächtnis bereits wieder entschwundenen Konflikten erzählt er Hintergrundgeschichten. Etwa jene, die ihm seinen zweiten Geburtstag in Mazedonien (heute: Nordmazedonien) im Jahr 2001 feiern ließ. In dem Land herrschten damals bürgerkriegsähnliche Zustände zwischen Mazedoniern und Albanern. In Tetovo, einer Stadt rund 45 km westlich von Skopje, wollte der ORF-Journalist einen Beitrag drehen. Von der Stadt aus beschossen mazedonische Soldaten albanische Dörfer, in denen sie Freischärler vermuteten, weshalb an einer in das Albaner-Gebiet führenden Straße Kontrollposten aufgestellt waren, die Autos kontrollierten. Diese Szene wollte das Kamerateam filmen. Zwecks guter Kontaktpflege lud Wehrschütz die Soldaten auf eine Flasche Weinbrand ein, worauf diese ihn baten, in den Checkpoint zu kommen. Nach einiger Zeit hörte man Schüsse von der Straße, welche von einem im Checkpoint befindlichen Sonderpolizisten mit einer Kalaschnikow beantwortet wurden. Als es ruhig geworden war, traten die Soldaten und der Österreicher auf die Straße und wurden zweier toter Albaner ansichtig. Wie es sich herausstellte, kam es bei der Autokontrolle zwischen dem Kontrollposten und einem Albaner zu einem Handgemenge, während der zweite versuchte, eine Handgrante in den Checkpoint zu werfen. Bei diesem Versuch wurden beide Freischärler erschossen. Wäre es dazu gekommen, hätte dieser Angriff fatale Folgen für den Korrespondenten und die Soldaten gehabt. In diesem Zusammenhang weist Wehrschütz auf seine gute Ausbildung zum Milizoffizier beim österreichischen Bundesheer hin, die ihm bei der Bewertung von Gefahren hilft. Er gibt aber zu, als Kriegsreporter oft in Gottes Hand zu sein. Auch wenn Wehrschütz noch von weiteren brenzlichen Situationen erzählt, spürt man doch die Freude, die sein Beruf als Auslandskorrespondent für ihn bedeutet. Er hat sich damit seinen Lebenstraum erfüllt.



25. Februar 2022: Im Gespräch mit Menschen in einer U-Bahnstation in Kiew

© Wehrschütz, Mein Journalistenleben, S.226
25. Februar 2022: Im Gespräch mit Menschen in einer U-Bahnstation in Kiew

Auf Augenhöhe mit den Menschen

Ein Konstante in dem Buch ist der hohe Anspruch des Korrespondenten an sich selbst. Das betrifft nicht nur das Verständnis sich auf verschiedene Kulturen und Mentalitäten einzulassen, sondern auch, sich in der jeweiligen Landessprache ausdrücken zu können. Wehrschütz spricht acht Sprachen! Ebenso wichtig sind ihm die journalistischen Grundsätze einer nüchternen und objektiven Berichterstattung.

Das Buch ist flott, gut verständlich und mit einem Schuß Humor und Selbstironie geschrieben. So verwundert es wenig, dass der Familienmensch und Teamplayer Wehrschütz auch seine Familie (Gattin, Töchter) sowie seine multiethnischen, multikonfessionellen, multilingualen Teams und Kooperationspartner am Ende des Buches zu Wort kommen lässt.

Übrigens: Wer Christian Wehrschütz live erleben möchte, hat dazu am 20. September 2024 in Hollabrunn im Rahmen des Bildungstages 2024 des Katholischen Bilgungswerks Gelegenheit.

Christian Wehrschütz. Mein Journalistenleben zwischen Darth Vader und Jungfrau Maria. 272 Seiten; zahlreiche farbige Abb.; 19.4 cm x 12 cm. 2023³ edition keiper. ISBN 978-3-903322-65-3 

jr/cu

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